Giovanni Albini (*1982) ist »einer der interessantesten Komponisten der zeitgenössischen Szene« (so das italienische Panorama-Magazin). In seinen Kompositionen führt er einfache Stimmführungen, Vorhaltakkorde und diatonische
Tonleitern mittels universeller Regeln der Mathematik zu einer Art “harmonischem Continuum” zusammen. So abstrakt sein mathematischer Ansatz auch klingen mag, so überzeugend sind seine Ergebnisse, so musikalisch ist seine Klangsprache

Auf der vorliegenden CD “Musica Sacra”, der zweiten Albini-CD bei Brilliant Classics nach „Musica ciclica“ (BCL 9294, 2013), sind vier geistliche Werke Giovanni Albinis als Weltersteinspielungen zusammengefasst: “Pange lingua” (aus dem Jahre 2014) und “Missa Prima” (2012), beide für Kammerorchester und Chor, “Testamento Spirituale” (2013) für Bläserquartett und “Preghiera” (2014) für Blockflöten-Trio. Zu hören sind der Chor der musikwissenschaftlichen Fakultät aus Cremona (eine Außenstelle der Universität Pavia), das Kammerorchester 15.19ensemble und das Blockflöten-Trio Il Giardino Delle Muse.

Wie schon auf „Musica ciclica“ überrascht Albinis Musik den Hörer durch eine durch und durch musikalische Umsetzung. Das abstrakte Prinzip seiner Musik mag man beim genauen Hinhören sehr wohl erfassen können, aber es ist aber nicht zwingend notwendig, sich mit Albinis Mathematik zu beschäftigen, um seine Musik verstehen zu können. Auffällig ist, dass seine Umsetzungen mathematischer Prinzipien in seiner Chormusik erstaunlich archaische (nicht veraltert) Ergebnisse produziert. So klingen einzelne Sequenzen aus den beiden Chorwerken hier (fast) so, als ob sie auch vor 500 Jahren hätten komponiert sein können. Ein Phänomen, dass man auch von einigen Vokalwerken Pärts kennt (dessen Musik schließlich auch das einfache mathematische Prinzip des Dreiklangs zugrunde liegt).

Höhepunkt des Albums ist (zumindest aus meiner Sicht) das “Testamento Spirituale” für Flöte, Oboe, Klarinette und Bassetthorn, genial umgesetzt von den vier Solisten des 15.19ensemble Claudio Sutrini, Gianantonio Debò, Alessio Zanovello und Rosa Franciamore. Hier wirkt die schlicht gehaltene Klangsprache Albinis wie eine zeitgemäße Neusichtung eines romantischen Pastoralmotivs. Dieses ’spirituelle Testament‘ spendet Ruhe und Trost. Das abschließende Gebet („Preghiera“) für Blockflöten-Trio taucht dann noch einmal mit ruhigem Tempo und einfachen Harmonien tief in die Meditation des Gebets ein.

Fazit: Eine hochinteressante und facettenreiche CD mit zeitgenössischer geistlicher Musik, die sich nicht einfach in die üblichen Schubladen stecken lässt. Albini erweist sich in der Tat als ‚einer der interessantesten Komponisten der zeitgenössischen Szene‘.

Die CD Giovanni Albini: Musica Sacra ist am 16. Mai 2014 auf Brilliant Classics (95072) erschienen und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.