Various: Paul Dessau Edition – Repräsentative Werkschau des bekannten DDR-Komponisten

Die letzte reguläre Besprechung des Jahres 2013 im Blog stellt die als letztes bei Brilliant Classics erschienene enzyklopädische Edition vor, die Paul Dessau Edition.

Paul Dessau: Foto: Ruth Berghaus (Archiv) [CC-BY-SA-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)]Der gebürtige Hamburger Paul Dessau (1894-1979) gehörte zu den bekanntesten und am häufigsten ausgezeichneten Komponisten der DDR, ein Umstand, der bis heute eine vorurteilsfreie Auseinandersetzung mit seinem Œuvre erschwert. Im Westen wurde Dessaus Musik wegen seines Bekenntnisses zum Sozialismus als minderwertig eingestuft ohne wirklich sonderlich beachtet zu werden; in der DDR geriet Dessau trotz seiner Überzeugung immer wieder in Konflikt mit den staatlichen kulturpolitischen Instanzen, nicht zuletzt weil er in seiner eigenen Musik Zwölftontechniken verwendete und sich für die Musik anderer Avantgardisten vehement einsetzte.

Dessau gilt als Schöpfer einer „Avantgarde fürs Volk“, de facto weist sein umfangreiches Gesamtwerk eine erstaunliche stilistische Bandbreite auf: Von Filmmusiken für frühe Walt-Disney-Filme über ambitionierte sinfonische Werke, Kammermusik, Klaviermusik, Oratorien, Opern bis hin zu seinen Bühnenmusiken, die in Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht entstanden. Darüber hinaus schrieb Paul Dessau immer wieder Gebrauchsmusik für politische Anlässe in der DDR.
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Heute vor 50 Jahren …

Paul Hindemith, 1923 - Foto vom Hindemith-Institut als Rechteinhaber unter GFDL zur Verfügung gestellt (http://bit.ly/GNU_fdl) or CC-BY-SA-3.0 (http://bit.ly/CCBYSA]Heute vor 50 Jahren, am 28. Dezember 1963, verstarb der deutsche Komponist Paul Hindemith im Alter von 68 Jahren in einem Krankenhaus in Frankfurt am Main an einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Er gilt heute als einer der herausragendsten deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts, auch wenn von seiner Musik keine breite Massenwirkung ausgeht, gleich wenn sie in den letzten Jahren durch zahlreiche Neu- und Wiederveröffentlichungen (endlich wieder!) mehr Aufmerksamkeit erhält. Hindemiths unkonventionelle und eklektizistische Musik ist überaus faszinierend: Sie vereint Elemente aus dem Expressionismus, dem Neoklassizismus und sogar dem Jazz zu einer einzigartigen Mischung.
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Jeroen van Veen – Arvo Pärt: Complete Piano Music

Arvo Pärt - By Woesinger [CC-BY-SA-2.0 (http://bit.ly/CC_BY_20)]Der estnische Komponist Arvo Pärt (*1935) gilt als einer der bedeutendsten lebenden Komponisten Neuer Musik. Nach frühen neoklassizistischen und seriellen Kompositionsphasen, legte er zwischen 1968 und 1976 eine lange schöpferische Pause ein. Als er 1976 dann das Klavierstück “Für Alina” veröffentlichte, hatte er eine eigene, sehr reduzierte Klangsprache entwickelt, die fortan für sein OEuvre prägend sein sollte. Er nannte sie “Tintinnabuli-Stil” abgeleitet vom lateinischen Wort für Glöckchenspiel (‚Tintinnabulum‘). Damit spielte er auf das “Klingeln” des Dreiklangs an, der eine zentrale Rolle in dieser Kompositionstechnik hat. Mit dem Stilwechsel kam der internationale Durchbruch: Heute gehört Pärt zu den weltweit populärsten Komponisten, der auch breite Hörerschichten für sich gewinnen konnte, die üblicherweise zeitgenössische Werke eher meiden. Seine schlichte, ungemein suggestive und introvertierte Musik erfüllt die elementare Sehnsucht nach Ruhe und Spiritualität in einer immer schneller und komplexer werdenden Zeit.
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Various: Shostakovich Edition (2013 Edition)

Dmitri ShostakovichDmitri Shostakovich (russisch: Дмитрий Дмитриевич Шостакович, deutsche Transliteration Dmitri Schostakowitsch, 1906–1975) (1906–1975) gilt neben Prokofjev als der bedeutendste und bekannteste russische Komponist der Sowjet-Ära. Sein umfangreiches Werk deckt quasi alle Genres ab und ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklungen in der Sowjetunion. Shostakovichs Œuvre ist geprägt von der Gratwanderung zwischen seiner schier unerschöpflichen expressiven Kreativität einerseits und der Gängelung durch die stalinistischen Kultur-Apparatschiks andererseits. Die Notwendigkeit, seine eigentlichen Intentionen in seinen Kompositionen zu verschlüsseln, prägten einen ambivalenten Stil, der die intimste Melancholie hinter dem Trivialen verbarg, der dem staatlich verordneten Optimismus und Frohsinn mit unterschwelligem, beißenden Spott begegnete. Wie bei Matrjoschka-Puppen steckt Shostakovichss eigentliche Aussage oft unter einer vordergründigen Hülle. Seine zentralen Werke sind in Musik gefasste Zeitgeschichte.
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»Czech String Quartets« vom Stamitz Quartet bei klassik.com besprochen

Das Stamitz Quartet gilt seit seiner Gründung 1985 als das Ensemble für tschechische Kammermusik. Stamitz Quartet - A. Dvořák · B. Smetana · L. Janáček · B. Martinů: Czech String QuartetsAuf unnachahmliche Weise ist es in der Lage, die Eigenheiten der Komponisten, aber auch ihr gemeinsames nationales Erbe herauszuarbeiten, das tief in der böhmischen und mährischen Folklore verwurzelt ist. Die 15-CD-Box „Czech String Quartets“ fasst erstmalig sämtliche Streichquartette der vier wichtigsten tschechischen Komponisten der letzten 200 Jahre in Referenzeinspielungen zusammen: Bedřich Smetana (1824-1884), Antonín Dvořák (1841-1904), Leoš Janáček (1854-1928) und Bohuslav Martinů (1890-1959).

Die Aufnahmen entstanden zwischen 1987 und 1993 ursprünglich für Bayer Records und wurden im Mai sensationell günstig auf Brilliant Classics wiederveröffentlicht. Die Box wurde von Dr. Stefan Drees im unabhängigen Musikmagazin klassik.com vorgestellt.

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Alexander Ivashkin · Moscow Symphony Orchestra, Valery Polyansky – Dmitri Shostakovich: Cello Concertos

Dmitri ShostakovichDmitri Shostakovich (1906-1975) widmete seine beiden Cellokonzerte No. 1 in Es- Dur, op. 107 (1959) und No. 2 in g-Moll, op. 126 (1966) seinem Freund und Schüler Mstislav Rostropovich, der sie uraufführte, als erster im Tonstudio aufnahm und sie zeit seines Lebens zahlreiche Male bei Konzerten spielte. Sein Name ist untrennbar mit diesen beiden insgesamt recht unterschiedlichen, aber gleichermaßen eindringlichen Werken verbunden. Heißt das, dass nur Rostropovichs Aufnahme als Referenz herhalten, dass alle anderen Interpretationen, die ihnen folgten nur ‚zweite Wahl‘ sind? Wohl kaum, Shostakovichs Musik ermöglicht in ihrer Vielschichtigkeit und Emotionalität auch anderen Interpreten einen eigenen Zugang zu den Werken. Andernfalls wären es kaum zwei der meistgespielten Cellokonzerte des 20. Jahrhunderts geworden …
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»Béla Bartók: Violin Concertos« von Thomas Zehetmair mit dem Budapest Festival Orchestra unter Iván Fischer bei klassik.com besprochen

Thomas Zehetmair · Budapest Festival Orchestra, Iván Fischer - Béla Bartók: Violin ConcertosBéla Bartók (1881-1945) schrieb zwei Violinkonzerte: Das erste entstand in seiner Frühphase zwischen 1907 und 1908 als glühender Liebesbeweis für die ungarisch-schweizerische Violinistin Stefi Geyer. Sie wies Bartóks Werben jedoch zurück und hielt das Werk ihr Leben lang unter Verschluss, so dass es erst 1958 uraufgeführt wurde. Das zweite, weitaus bekanntere Konzert entstand rund 30 Jahre später auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Freundschaftsdienst für den Violinisten Zoltán Székely.

1995 nahm der österreichische Violinist Thomas Zehetmair gemeinsam mit dem Budapest Festival Orchestra unter Iván Fischer die beiden Violinkonzerte auf. Die Produktion erschien ursprünglich auf Berlin Classics und wurde Ende April preisgünstig auf Brilliant Classics wiederveröffentlicht. Die CD wurde vom Redakteur Dr. Stefan Drees im unabhängigen Musikmagazin klassik.com vorgestellt.
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Heute vor 131 Jahren …

Igor StravinskyHeute vor 131 Jahren, am 17. Juni 1882, wurde Igor Fyodorovich Stravinsky (eingedeutschte Schreibweise: Igor Fjodorowitsch Strawinski) in Oranienbaum bei St. Petersburg geboren – der julianische Kalender im heimischen Russland zeigte den 5. Juni an (und sollte erst nach der Oktoberrevolution umgestellt werden). Stravinsky war, laut Wikipedia, ein »russisch-französisch-US-amerikanischer Komponist und einer der bedeutendsten Vertreter der „Neuen Musik“.« Tatsächlich herrscht heute allgemein Konsens darüber, dass seine Ballettmusik zu „Le Sacre du Printemps“ mit der radikalen Abkehr von der Romantik (“Stile barbaro”) den Beginn eines neuen Zeitalters in der Musik einläutete (wobei man natürlich nicht das Verdienst der Zweiten Wiener Schule vergessen sollte). Der Beginn der „Musik des 20. Jahrhunderts“ wird gerne mit dem 29. Mai 1913, dem Tag der Uraufführung des Sacre im Théâtre des Champs-Élysées in Paris datiert …
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„The Sirin Choir: Vladimir Martynov – Lamentations of Jeremiah“ im Musikblog »The Listener« besprochen

The Sirin Choir, Andrey Kotov - Vladimir Martynov: The Lamentations of JeremiahVladimir Martynov (*1946) gehört zu den führenden Komponisten der russischen Nachkriegs-Avantgarde. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wandte er sich verstärkt der geistlichen Musik zu, studierte Theologie, Geschichte und Philosophie und beschäftigte sich eingehend mit dem polyphonen Gesang der Renaissance und der russisch-orthodoxen Kirchenmusik-Tradition.

Seine “Klagelieder Jeremias” (Englisch: Lamentations of Jeremiah) entstanden 1992 und wurden vom Sirin Choir unter der Leitung von Andrey Kotov 1997 aufgenommen und nun bei Brilliant Classics wiederveröffentlicht.

Die CD wurde nun im unabhängigen Musikblog The Listener unseres unabhängigen Gast-Autoren Rainer Aschemeier vorgestellt.
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„Alexander Knaifel – The Canterville Ghost“ aus der Brilliant Opera Collection bei klassik.com besprochen

Moscow Forum Theatre Orchestra, Michail Jurowski: Alexander Knaifel – The Canterville GhostSchön, dass die Wiederveröffentlichung der Oper „Das Gespenst von Canterville” nach der gleichnamigen Erzählung von Oscar Wilde des russischen Avantgardisten Alexander Knaifel (*1943) ein  wenig Aufmerksamkeit von der Fachpresse erhält. Die überaus gelungene und kurzweilige Kammeroper hätte durchaus das Zeug ein modernes Opernpublikum zu faszinieren.

Andreas Falentin hat die CD im unabhängigen Musikmagazin klassik.com vorgestellt.

Er schreibt über die Oper:

»Außergewöhnlich ist die Instrumentierung der sehr dynamisch angelegten Partitur. Auf der Suche nach ungewöhnlichen Klangfarben und -wirkungen verwendet Knaifel ungewöhnliche Percussioninstrumente und Pfeifeffekte. Leisen, fast meditativen Passagen, in denen etwa nur eine glissandierende Geige im Pianississimo zu hören ist, stehen unruhig schreiende, fast tuschartige Klanggebilde gegenüber. (…) Über die volle Distanz beweist diese Musik dramatische Substanz und reklamiert nachdrücklich und geradezu augenzwinkernd das Label ‚exzentrisch‘ als Charakteristikum für sich.«

und resümiert über die CD:

»Die Aufnahme entstand 1990 in Moskau. Michail Jurowski und die Musiker des Orchesters des Forum Theaters hatten offensichtlich großen Spaß. Sie stürzen sich geradezu wollüstig auf die Klangeffekte und beleben die humoristischen Momente mit hervorragendem Timing. (…)
Die klangliche Gestalt der Aufnahme ist ordentlich. (…)  Das knappe Booklet bietet kurze, aber solide Informationen über Komponist, Werk und Interpreten und eine Übersetzung des Librettos, beides ausschließlich in englischer Sprache.«

Andreas Falentin vergibt für die Interpretation sehr gute vier von fünf Punkten, für die Klangqualität und den Repertoirewert gute drei Punkte.

Die gesamte Besprechung findet man → hier.

Klangbeispiele gibt es auf unserer → Soundcloud-Seite.

Die CD Alexander Knaifel – The Canterville Ghost des Moscow Forum Theatre Orchestra unter der Leitung von Michail Jurowski ist am 30. November 2012 auf Brilliant Classics (9295) erschienen und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.