Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin, Heinz Rögner u. a. – Anton Bruckner: Complete Symphonies

Anton BrucknerZu Lebzeiten alles andere als unumstritten, oft sogar verspottet, zählt man heute den Österreicher Anton Bruckner (1824-1896) zu Recht zu den ganz großen Symphonikern des 19. Jahrhunderts. Bruckner gelang es, der in die Krise geratenen Gattung Sinfonie neue Impulse zu verleihen und gleichzeitig ihren Weg in die Moderne zu ebnen. Seine Sinfonien, speziell seine ’späten‘, reifen Sinfonien Nos. 4–9 gehören zu den populärsten sinfonischen Werken in den Konzertsälen der Welt.

Heinz Rögner (1929-2001) gehörte zu den profiliertesten Dirigenten der ehemaligen DDR (auch wenn sein Name im Westen weitaus weniger geläufig war, als der seiner Kollegen Kurt Masur oder Herbert Kegel). Mit seiner Arbeit als langjähriger Leiter des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin prägte er mit seinem präzisen Stil die hohe Klangkultur des Ensembles entscheidend mit. Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin, Heinz Rögner u. a. - Anton Bruckner: Complete SymphoniesDie spätromantische Musik von Bruckner, Mahler und Reger lag ihm zeit seines Lebens besonders am Herzen. Seine hier zusammengefassten Bruckner-Interpretationen zeichnen sich durch lebhafte Tempi, interpretatorische Klarheit und den Verzicht auf alles aufgesetzt Pathetische, Schicksalhafte aus. Diese betont nüchterne, ‚unreligiöse‘ Lesart wurde früher im Westen gerne als linientreue, ’sozialistische‘ Sichtweise diffamiert; heute, fast 30 Jahre nach ihrem Entstehen, klingen Rögners Bruckner-Aufnahmen erstaunlich modern und unangestaubt: ein echter Geheimtipp für Bruckner-Fans. Vielleicht sind dies keine Referenzaufnahmen im engeren Sinne, wohl sind sie eine überzeugende und in sich schlüssige alternative Lesart, die durch die ‚Entmystifizierung‘ Bruckners viel von der Modernität in seiner Musik offenbart.

Seltsam genug: Heinz Rögners Aufnahmen der Sinfonien Nos. 4–9 sind bisher noch nie zuvor in einer Sammelausgabe erschienen, ein Manko, das nun endlich behoben wurde. Ergänzt werden diese durch herausragende Einzel-Aufnahmen aus den Eterna-Archiven von Václav Neumann (Sinfonie No. 1) und Kurt Sanderling (No. 3, beide mit dem Leipziger Gewandhausorchester) und Franz Konwitschny (No. 2).

Die Klangqualität der hier zusammengefassten Aufnahmen ist im Durchschnitt gut, wobei es freilich Unterschiede zwischen den einzelnen Aufnahmen gibt: Selbstverständlich reicht die Mono-Aufnahme der 2. Sinfonie unter Franz Konwitschny aus dem Jahre 1951 nicht an die ordentlichen Stereo-Aufnahmen der 3. Sinfonie unter Kurt Sanderling von 1963 und der 1. Sinfonie unter Václav Neumann von 1965 heran, schon gar nicht an die ’state-of-the-art‘-Aufnahmen aus den 1980ern unter Heinz Rögner.

Fazit: Die vorliegende Box ist eine äußerst hörenswerte Alternative zu den populären „Referenzaufnahmen“ von Wand oder Blomstedt, ein Must-Have für jeden Bruckner-Fan und außerdem eine ideale Ergänzung zum 3-CD-Set mit den Messen Bruckners (Brilliant Classics 94669) auf denen neben dem CCoE und der Württembergischen Philharmonie unter Nicol Matt auch Rögner und ’sein‘ Berliner Rundfunkensemble zu hören ist.

Musik & Interpretation
Klangqualität
Cover & Booklet

Die 9-CD-Box Anton Bruckner: Complete Symphonies mit Aufnahmen des Gewandhausorchester Leipzig unter Václav Neumann (Sinfonie No. 1)  und Kurt Sanderling (No. 3) sowie dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin unter Franz Konwitschny (No.2) und Heinz Rögner (Nos. 4–9) ist am 21. Februar 2014 bei Brilliant Classics (94686) erschienen und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.

Inhalt:

  1. Sinfonie No. 1 in c-Moll, „Linzer Fassung“, Ed. Haas
  2. Sinfonie No. 2 in c-Moll, Fassung von 1877, Ed. Haas
  3. Sinfonie No. 3 in d-Moll, Fassung von 1890, Ed. Rättig
  4. Sinfonie No. 4 in Es-Dur, „Die Romantische“, Fassung von 1886, Ed. Nowak
  5. Sinfonie No. 5. in B-Dur, Ed. Nowak
  6. Sinfonie No. 5. in A-Dur, Ed. Nowak
  7. Sinfonie No. 7. in E-Dur, Ed. Haas
  8. Sinfonie No. 8  in c-Moll, Fassung von 1877/90, Ed. Hass
  9. Sinfonie No. 9 in d-Moll, Ed. Nowak

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