Der niederländische Komponist Simeon ten Holt (*1923) ist hierzulande leider eher unbekannt, in seiner Heimat gehört er zu den populärsten zeitgenössischen Komponisten. Sein bekanntestes Werk, der Canto Ostinato (1979), besitzt dort geradezu Kult-Charakter und wurde sogar mit einer goldene Schallplatte ausgezeichnet, einer höchst seltenen Ehrung für eine Aufnahme mit Musik eines zeitgenössischen Komponisten. Simeon ten Holt hat im Laufe seiner künstlerischen Laufbahn mit dem Canto Ostinato erst relativ spät, nach verschiedenen Experimenten mit diversen avantgardistischen Musikrichtungen, zur Minimal Music gefunden, ist ihr aber seitdem treu geblieben. Seine folgenden Kompositionen blieben beim Prinzip des Canto, bei dem die Interpreten (oder der Interpret) maximale Gestaltungsfreiheit hat. So ist der Canto in verschiedene Kompositions-Partikel („Sektionen“) unterteilt, die man frei kombinieren, wiederholen oder weglassen kann. Bei jeder Aufführung kann so (theoretisch) eine neue, gleichberechtigte Variante des Canto Ostinato entstehen, die gleichzeitig unverkennbar und doch neu ist.
Was in der Beschreibung überaus technisch klingt, ist in der Umsetzung alles andere als abstrakte Musik, die sich nur ein ein spezielles Publikum wendet, im Gegenteil: Simeon ten Holts Canto Ostinato spricht auch einer Hörerschaft an, das sich üblicherweise nicht mit ‚klassischer Musik‘ beschäftigt. So sollten Fans des frühen Mike Oldfield (Tubular Bells, Hergest Ridge) oder Keith Jarretts Imrprovisationsjazz à la The Köln Concert unbedingt einmal in den Canto hineinhören.
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