Hierzulande ist der Italiener Ottorino Respighi (1879-1936) hauptsächlich als Komponist der pittoresken Römischen Trilogie (bestehend aus den Fontane di Roma, Dt. Die Brunnen von Rom, 1916; den Pini di Roma, Dt. Die Pinien von Rom; 1924 und den Feste Romane, Dt. Römische Feste; 1928) bekannt. In seinem Heimatland ging seine Bedeutung allerdings weit über die Rolle des Schöpfers populärer sinfonischer Dichtungen hinaus.

Respighi war der bekannteste Vertreter der „Generazione dell’ottanta“ (Dt., Generation der 80er, gemeint sind die Komponisten, die um 1880 geboren wurden), die nachdrücklich gegen die Übermacht der veristischen Oper von z. B. Giuseppe Verdi, Pietro Mascagni und Ruggero Leoncavallo opponierten und sich ebenso vehement gegen einen zu großen Einfluss aus Frankreich und Deutschland auf die italienische Musik plädierten. Stattdessen versuchten Respighi und seine Mitstreiter Ildebrando Pizzetti, Gian Francesco Malipiero und Alfredo Casella mit der Reflexion alter italienischer Instrumentalmusik eine neue Nationalmusik zu schaffen. Dabei gingen die vier Komponisten allerdings unterschiedliche Wege, die nur den Ausgangspunkt gemein hatten. Respighi nahm besonders Bezug auf die (italienische) Renaissance und den Barock, deren Formen und Melodien er in einen neuen Klangkontext setzte. Seine musikalische Sprache entwickelte sich dabei von einem strengen Klassizismus seiner frühen Werke hin zu einer vom Impressionismus beeinflussten Klangästhetik. Respighi hatte Anfang des 20. Jahrhunderts bei Nikolai Rimsky-Korsakov (1844-1908) in Sankt Petersburg studiert, dessen opulente Klangsprache ihn Zeit seines Lebens stark beeinflussen sollte. Auch wenn dem in Bologna geborenen Respighi immer das Etikett eines eher konservativen Kompositionen anhaften sollte, war er eine enorm wichtige Figur für eine Erneuerung der italienischen Musik des 20. Jahrhunderts.

Trotz zahlreicher Einzelaufnahmen seiner Orchesterwerke gibt es bis heute keine Gesamtaufnahme seines Œuvres für Orchester. Das Orchestra Sinfonica di Roma, einer der ältesten und renommiertesten Klangkörper der italienischen Hauptstadt, hat nun damit begonnen sämtliche Orchesterwerke Respighis für Brilliant Classics aufzunehmen. Den Anfang macht die nun erschienene Doppel-CD „Ottorino Respighi – Complete Orchestral Works · Volume 1“ inklusive der berühmten Römischen Trilogie. Außerdem wurde die sinfonische Dichtung Gli uccelli (Dt. Die Vögel, 1927), die Suite für Streicher und die Suite in G-Dur für Orgel & Streicher aufgenommen. Die Auswahl präsentiert Respighis Bandbreite: Von den kraftvollen Beschreibungen Roms der Trilogie über die Verknüpfung barocker Quellen mit der Spätromantik in Gli uccelli und dem Neoklassizismus der Suite für Streicher bis hin zur sanglichen Suite für Orgel und Streicher.

Das römische Ensemble hat bei dieser Auswahl unüberhörbar einen Heimvorteil: Sie beherrschen nicht nur die farbenfrohen Partituren aus dem Effeff, sie spielen sie auch mit der notwendigen Italianità, der „Italienischheit“ dieser Werke. Mehr noch: Die Römer spielen Respighis Hommagen an die Stadt, in der sie ja selbst leben, mit der richtigen Dosis an Emotionalität und gleichzeitig einer klassischen (nahezu antiken bin ich versucht zu schreiben) Schönheit, gerade so ausbalanciert, dass es bei allem Wohlklang nicht ins Triviale und Kitschige abgleitet.

Erstaunlicherweise hat sich schon lange mehr kein italienisches Orchester berufen gefühlt, Respighis Werke neu aufzunehmen. Das OSR unter La Vecchia schließt bravourös diese Lücke und macht schon einmal neugierig auf die kommenden Ausgaben mit seltener aufgeführten Werken des vielleicht wichtigsten italienischen Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Doppel-CD Ottorino Respighi – Complete Orchestral Works – Volume 1 des Orchestra Sinfonica di Roma unter der Leitung von Francesco La Vecchia ist am 3. Februar 2012 auf Brilliant Classics (94392) erschienen und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.

Inhalt:

1. Feste Romane
2. Fontane di Roma
3. Pini di Roma

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4. Gli Uccelli
5. Suite für Streicher
6. Suite in G-Dur für Orgel und Streicher