Amati Ensemble String Quartet: Niccolò Paganini – String Quartets Nos. 1 – 3

Niccolò PaganiniIn gewisser Weise war der italienischen Violinvirtuose Niccolò Paganini (1782-1840) das Role Model des romantischen Künstlers schlechthin: Ein extravaganter, unberechenbarer, revolutionärer Nonkonformist mit überschäumenden Temperament, geradezu manisch in der perfekten Beherrschung seines Instruments. Paganinis technischen Fähigkeiten waren legendär, ebenso seine Improvisationskünste. Aber Paganini war nicht nur der erste Popstar des 19. Jahrhunderts, er war auch ein klassisch ausgebildeter Komponist, der (nicht nur) für sich Werke komponierte, in denen der Violinpart besonders virtuos ausgestaltet wurde. Heutzutage kennt man aus seinem Œuvre vor allem jene innovativen, extrovertierten und hoch romantischen Werke, die er zu Lebzeiten nicht veröffentlichte, vielleicht um sich die mysteriöse Aura des genialen Improvisateurs zu erhalten; seine klassisch durchstrukturierten Kompositionen, die zu seinen Lebzeiten (mit Opuszahl versehen) veröffentlicht wurden, waren seinerzeit recht bekannt, gehören aber heute zu den selten aufgeführten Paganini-Werken. Seine drei Streichquartette op. 1a sind die frühesten dieser ‚klassischen‘ Kompositionen, die nun in einer Neuaufnahme des Streichquartetts des niederländischen Amati Ensemble (in der Besetzung Gil Sharon, v; Sonja van Beek, v; Ron Ephrat, vl; Floria Mijnders, vc) erschienen sind.

Amati Ensemble String Quartet: Niccolò Paganini - String QuartetsDie Streichquartette überraschen in mancherlei Hinsicht: Äußerlich-formal sind sie eng an das viersätzige, klassische Modell Haydns und (des jungen) Beethoven gebunden, in der Ausarbeitung en detail handelt es sich aber viel weniger um ‚klassische Streichquartette‘ (im wahrsten Sinne des Wortes) als man bei der äußeren Form vermuten würde. Fast durchgängig übernimmt die erste Violine hier unüberhörbar den solistischen Führungspart und wird von den übrigen Streichern lediglich begleitet. Es leuchtet ein: Paganini war in erster Linie ein virtuoser Violinist, der ein großes Interesse an komplexen Soloparts hatte und seine Werke letzten Endes fast ausschließlich so komponierte, dass er selbst (als Solist) damit glänzen könnte. Und so nutzt er die äußere Form des Streichquartetts vor allem zu ausgedehnten, technisch nicht wenig anspruchsvollen Solostimmen. Musikalisch erinnert das ganze dann erstaunlicherweise an Mozart, freilich ohne dessen genial-unberechenbare Einfälle, wohl aber mit ähnlicher Phrasierung, Harmoniewechseln und zauberhaften Melodien. »Simplified Mozart« („vereinfachter Mozart“) nennt Emanuel Overbeeke das Resultat in den Anmerkungen im Booklet und in der Tat: Diese griffige Formel trifft es ziemlich genau.

Dass Paganinis Streichquartette trotz des eher simplen Konzepts dennoch hörenswert sind, hat bei dieser Aufnahme zweierlei Gründe: Zum einen sind es natürlich die originellen Soloparts selbst, die Paganini für diese Quartette schrieb, zum anderen sind es die niederländischen Musiker des Amati Ensembles, eines der etabliertesten Kammerensembles der Niederlande, welche mit ihrem wohl aufeinander abgestimmten, beschwingten Spiel aus den Quartetten kurzweilige Unterhaltungsmusik (im besten Sinne) machen.

Bisher gab es nur eine Gesamtaufnahme der Streichquartette Paganinis vom italienischen Ensemble Quartetto d’Archi Paganini im Hochpreis-Segment, nun gibt es eine preis- und hörenswerte Alternative aus den Niederlanden auf Brilliant Classics.

Musik & Interpretation
Klangqualität
Cover & Booklet

Die CD Niccolò Paganini – String Quartets Nos. 1 – 3 des Amati Ensemble String Quartet ist am 20. Januar 2012 auf Brilliant Classics (94287) erschienen und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.

Inhalt:

  1. Streichquartett No. 1 in d-Moll, op. 1a
  2. Streichquartett No. 2 in Es-Dur, op. 1a
  3. Streichquartett No. 1 in a-Moll, op. 1a

Kommentare sind geschlossen.