Suske Quartett – Ludwig van Beethoven: Complete String Quartets

Ludwig van Beethoven - 1805 Portrait von Joseph Willibrord Mähler.Neben seinen neun Sinfonien und den 32 Klaviersonaten gehören die 16 Streichquartette zum Hauptwerk von Ludwig van Beethoven (1770-1827), das folgende Generationen nachhaltig beeinflusst hat. Die Streichquartette sind darüber hinaus ein valider Spiegel der musikalischen Entwicklungen Beethovens, entstanden sie doch über einen Zeitraum von fast 30 Jahren zwischen 1798 und 1826 in seiner kreativen Blütezeit.

Sie lassen sich drei Schaffensperioden Beethovens zuordnen: Die ersten sechs Streichquartette, op. 18 entstanden zwischen 1798 und 1800 und stehen den direkten Vorgängern von Haydn und Mozart stilistisch noch sehr nahe, zeigen aber schon unverkennbare Merkmale des Beethoven-typischen Stiles, wie etwa den plötzlichen Dur-Moll-Wechseln oder Beethovens Hang Ideen aus kleinen Motiven zu entwickeln.

Die fünf Streichquartette der mittleren Periode schließen die drei „Rasumovsky-Quartette“, op. 59 ein, außerdem das nach den arpeggierenden Pizzicati des ersten Satzes benannte „Harfenquartett“, op.74 und Streichquartett No. 11, op. 95. Die mittleren Streichquartette entstanden zwischen 1806 und 1810 in einer äußerst produktiven Schaffensperiode Beethovens. Sie sind technisch anspruchsvoller als die frühen Quartette. Auch kompositorisch schloss Beethoven qualitativ an seine Vorläufer Haydn und Mozart an.

Die späten Quartette Beethovens entstanden zwischen 1824 und 1826. In ihnen ging Beethoven weit über die damals üblichen Grenzen der Gattung hinaus. Beethovens späte Streichquartette vermittelten in noch nie dagewesener  Weise eine Form von Emotionalität und Intensität, die den Rahmen der Kammermusik deutlich sprengte. Zum ersten Mal wurde das Streichquartett zum psychologischen Ausdrucksmittel (eine Rolle, die es in der Romantik und in der Kammermusik des 20. Jahrhunderts – etwa bei Shostakovich – ganz natürlich ausfüllen sollte). Diese emotionale Nabelschau löste bei eher konservativen Zuhörern seinerzeit nicht wenig Unverständnis und Irritation aus. Den progressiveren Zuhörern, etwa dem jungen Franz Schubert, waren diese späten Quartette Vorlage für ihre eigenen aufwühlenden Werke.

Suske Quartett - Ludwig van Beethoven: Complete String Quartets Das Berliner Suske-Quartett war eines der international renommiertesten kammermusikalischen Ensembles der DDR. Sein Gründer, Karl Suske, war zunächst zweiter Violinist beim Leipziger Gewandhaus-Quartett, bevor er 1962 als erster Konzertmeister an die Staatsoper in Berlin wechselte, wo er bald sein eigenes Quartett gründete. Die Aufnahmen des vollständigen Zyklus der Streichquartette Beethovens waren der diskografische Höhepunkt des Ensembles. Sie entstanden über einen Zeitraum von 13 Jahren zwischen 1969 und 1982. In Ostdeutschland galten sie lange Zeit als eloquente Referenzeinspielung.

Auch heute haben die eleganten Interpretationen nichts von ihrer Erhabenheit verloren, auch wenn sie mit ihrem intensiven Vibrato heute fast schon ein wenig ungewohnt wirken und alles andere als „historisch informiert“ sind. Das Faszinierende an diesen (wie auch an vielen anderen „historisch uninformierten“) Aufnahmen aus der goldenen Epoche der Schallplatte ist: Sie funktioniert trotz der legitimen Einwände an Authentizität immer noch hervorragend und vermitteln (trotz allem) einen klangschönen und in sich stringenten Beethoven. Es steckt viel Meisterschaft, viel Tradition und viel Seele in diesen Aufnahmen – und gerade auf letztere muss man bei neueren Aufnahmen, die sich um ein möglichst historisch korrektes Klangbild bemühen, verzichten.

Die längst überfällige Wiederveröffentlichung dieses diskografischen Meilensteins demonstriert, wie selbstverständlich sich der Rezeptionsansatz der »böhmisch-ostdeutschen Streicherschule« (so nennt sie Claus Fischer in seiner Besprechung für das mdr Figaro Kulturradio) auch heute noch anhört. Vielleicht ist dies nach heutigen Maßstäben keine Referenzeinspielung (im Sinne von „So hat sich Beethoven den Klang idealerweise vorgestellt“), wohl aber eine nach wie vor sehr gelungene Gesamteinspielung im glänzenden Klang einer untergegangenen Aufführungskultur.

Musik & Interpretation
Klangqualität
Cover & Booklet

Die 7-CD-Box Ludwig van Beethoven: Complete String Quartets des Suske Quartett erscheint am 17. Mai 2013 bei Brilliant Classics (94450) und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.

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