Jonathan Goldstein – Cyclorama

Jonathan Goldstein - CycloramaDer Brite Jonathan Goldstein ist einer der wichtigsten Figuren der heimischen Filmmusik-Szene und wirkte in den letzten Jahren als Komponist, Dirigent oder Arrangeur bei zahlreichen Soundtracks, Fernsehproduktionen, Theaterproduktionen und Werbefilmen mit. Trotz zahlreicher Auszeichnungen bei Branchen-internen Awards (Music and Sound Awards, British Television Advertising Craft Awards, Ivor Novello Awards, D&AD Awards, IVCA Awards) ist sein Name dem breiten Publikum der Musikhörerschaft bisher unbekannt, auch wenn seine Musik – zumindest im englischsprachigen Raum – bereits von vielen Millionen Fernsehzuschauern in der Werbung gehört wurde.

Das könnte sich sehr bald ändern, denn nun hat Jonathan Goldstein bei Brilliant Classics sein überaus gelungenes Solo-Debüt als Komponist (und Musiker und Dirigent) „Cyclorama“ vorgelegt. Unüberhörbar profitiert der Debütant auf dem Album von seinen Erfahrungen als professioneller Komponist und von seinen Kontakten zu hochkarätigen Musikern…

Cyclorama (die englische Bezeichnung für den Panorama-Hintergrund in Film und Theater) wurde von so hochkarätigen Künstlern wie dem Balanescu Quartet (bekannt durch das Mitwirken bei diversen Peter Greenaway-Soundtracks, beispielsweise „Der Kontrakt des Zeichners“ (1982) und „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ (1989)), der Sopranistin Grace Davidson (bekannt aus dem Soundtrack zu „Pirates of the Caribbean 4: Fremde Gezeiten“ und als Sängerin beim Weltklasse-Chor The Sixteen), dem Klassik- und Jazz-Pianisten (!) James Pearson und einer Reihe erstklassiger britischer Solisten eingespielt.

Stilistisch beschreibt Goldstein Cyclorama auf der (übrigens wundervoll gestalteten) Website des Albums als »mixture of contemporary classical idioms«, was fast schon zu Missverständnisse führen könnte: Gerade in den letzten Jahren sind im Grenzbereich zwischen zeitgenössischer Musik und populärer Musik eine ganze Reihe wenig ruhmreicher Produktionen erschienen, die allzu offensichtlich auf den (vermeintlichen) Massengeschmack getrimmt waren, die aber im Endeffekt weder Fisch noch Fleisch sind. Goldsteins Musik ist glücklicherweise anders, sie hat große kompositorische Substanz und ist ohne Anbiederung an derzeitige Moden zeitlos arrangiert: Cyclorama ist ein faszinierendes, eklektizistisches und vor allem in sich stimmiges Panoptikum aus den unterschiedlichsten zeitgenössischen Stilrichtungen zwischen Jazz, Minimal Music, moderner Filmmusik und fernen Anklängen englischer Folk Music geworden. Es gibt zahlreiche regelrecht bezaubernde Momente ebenso wie kantige, düstere, gebrochene.

Wer Referenzen benötigt, um Goldsteins Musik zu einzuordnen, dem seien mit den Soundtracks von Michael Nyman („Das Piano“, „Prosperos Bücher“) und Cliff Martinez („Traffic – Macht des Kartells“, „Solaris“) sowie den Veröffentlichungen von Ludovico Einaudi und Nicolas Lens vergleichbare Komponisten genannt, die ebenfalls für geschmackvolle, äußerst suggestive Musik stehen.

Fazit: Jonathan Goldstein legt mit Cyclorama ein sehr überzeugendes und ausgereiftes Debütalbum vor, das jetzt schon neugierig auf künftige Projekte gemacht. Das Albumprojekt ist bis ins letzte Detail (Booklet, Cover, Klang, Website) durchdacht; die Musik wurde von einem hochklassigen Ensemble gekonnt und ausdrucksstark umgesetzt.

Dies ist das mit Abstand überzeugendste Album eklektizistischer zeitgenössischer Musik geworden, das ich seit langer Zeit gehört habe.

Hier noch einige Höreindrücke aus dem Album:

Tipp: Das gesamte Album kann in voller Länge auf der Cyclorama-Website angehört werden.

Musik & Interpretation
Klangqualität
Cover & Booklet

Die CD Jonathan Goldstein – Cyclorama ist am 28. September 2012 auf Brilliant Classics (9278) erschienen und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.

Inhalt:

  1. Reverie
  2. Notturno
  3. Everywhere
  4. Cras Amet
  5. Crystals
  6. Elegy
  7. Etude for Cello II
  8. Etude for Cello II
  9. Frozen Ground
  10. Frozen Night
  11. Memento Mori
  12. Diurno
  13. Lavinia’s Lament
  14. Pavane
  15. Prelude für Piano & Strings
  16. Prisoner’s Tale
  17. Threnody Part I
  18. Threnody Part II
  19. Valse Macabre
  20. Where The Bee Sucks

Kommentare sind geschlossen.