Choir of King’s College, Cambridge · Brandenburg Consort, Stephen Cleobury: Johann Sebastian Bach – Johannes-Passion

Johann Sebastian BachWir nähern uns dem Höhepunkt der Oster- und Passionszeit: Mit dem Palmsonntag an diesem Wochenende beginnt die Karwoche, die den Höhepunkt des Kirchenjahres darstellt. Auch in der heutigen weltlichen Gesellschaft haben solche Feiertage eine gewisse symbolische Bedeutung. Auch ohne religiösen Bezug ist dies die Zeit (neben der Advents- und Weihnachtszeit), in der die an geistlicher Musik orienteriten Chöre ein Konzert nach dem anderen geben. Ganz hoch im Kurs stehen dabei die zentralen Werke von Johann Sebastian Bach (1685-1750) zum Osterfest, also neben dem Oster-Oratorium und einigen Oster-Kantaten vor allem die Matthäus-Passion und die Johannes-Passion. Auch die Plattenfirmen nutzen diese Zeit, um zahlreiche Aufnahmen der Bach’schen (und anderen) Passionen auf den Markt zu bringen. Nur wenige Titel haben sich über die Jahre als „Dauerbrenner“ erwiesen. Die 1995 entstandene Aufnahme des Choir of King’s College aus Cambridge mit Brandenburg Consort unter der Leitung von Stephen Cleobury ist seit Jahren einer der absoluten Highlights im Brilliant-Classics-Programm. Nun ist die vielfach hochgelobte in einer schönen Edition auf zwei CDs mit Bonus-DVD wiederveröffentlicht worden.

Choir of Kings's College Cambridge, Stephen Cleobury: J. S. Bach - Johannes-PassionDass die Aufnahme bei den Kritikern so gut ankommt, hat viele Gründe: Da wäre zum einen erst einmal die editorische Weitsicht der Produktion: Neben der gewohnten Fassung der Johannes-Passion (basierend auf der ursprünglichen Fassung vom Karfreitag 1724 mit einigen späteren Überarbeitungen; zu den verschiedenen Werkfassungen gibt es auch einige aufschlussreiche Anmerkungen im entsprechenden Wikipedia-Artikel) enthält die Doppel-CD auch die alternativen Sätze aus der 1725er-Version im Anhang, die den Gesamteindruck der Passion nicht unwesentlich verändern. Wer möchte kann sich also mit etwas Geschick am CD-Player (oder einem CD-Brenner) eine alternative 1725er-Version zusammen stellen und sie direkt mit der gewohnten Fassung vergleichen.

Interpretatorisch kann die CD-Box durch ein stringentes Konzept und durch präzise Umsetzung voll überzeugen: Stephen Cleobury verzichtet  darauf, die Johannes-Passion dramatisch zuzuspitzen und lässt die Musiker und Chor mit erstaunlicher Natürlichkeit agieren. Das Ergebnis ist, dank der überdurchschnittlichen Solisten (allen voran der Tenor John Mark Ainsley als Evangelist), dem präzisen Chor und dem exzellenten Brandenburg Consort eine wirklich festliche, überraschend entspannte (und entspannende) Aufnahme. Anders als bei vielen anderen neueren Aufnahmen betont Cleobury nicht die Leidensgeschichte, stattdessen steht bei ihm der Aspekt der bevorstehenden Erlösung als positiver Grundgedanke hinter der gesamten Interpretation. Das nimmt der Passion die manchmal erdrückende Schwere, mindert aber in keinster Weise ihre Ernsthaftigkeit und Feierlichkeit und macht sie zu einer sehr gut durchhörbaren Ausgabe.

Auf der bei dieser Wiederveröffentlichung beigefügten DVD befindet sich eine schön gefilmte Live-Aufnahme (von 2006) der 1725-Version; auf den beiden CD befindet sich wie gesagt die heute übliche Fassung und im Anfang die fünf abweichende Stücke der 1725er-Fassung.

Musik & Interpretation
Klangqualität
Cover & Booklet

Das Doppel-CD/DVD-Set Johann Sebastian Bach – Johannes-Passion des Choir of King’s College, Cambridge und dem Brandenburg Consort unter der Leitung von Stephen Cleobury ist am 23. Januar 2012 veröffentlicht worden und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.

Die Ausführenden:

John Mark Ainsley – Evangelist (Tenor)
Stephen Richardson – Jesus (Bass)
Catherine Bott – Sopran
Michael Chance – Alt
Paul Agnew – Tenor
Stephen Varcoe – Bass

The Choir of King’s College, Cambridge
The Brandenburg Consort (musikalische Leitung; Roy Goodman)

Stephen Cleobury – Dirigent

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