Orchestre National de l’ORTF, Jean Martinon: Camille Saint-Saëns – Complete Symphonies

Camille Saint-Saëns Camille Saint-Saëns (1835-1921) war einer der bedeutendsten und kreativsten Komponisten der französischen Romantik und übte, nicht zuletzt durch seine lange Lebens- und Schaffenszeit, direkt und indirekt Einfluss auf die folgenden Komponisten-Generationen in Frankreich aus, die ihn entweder bewunderten oder sich an seinem ‚altmodischen‘ Stil rieben: So oder so kamen sie aber am Pariser Pianisten, Organisten, Musikwissenschaftler, Musikpädagogen und Komponisten zahlreicher Werke nicht vorbei.

Camille Saint-Saëns schrieb zahlreiche Orchesterwerke (überhaupt war er ein überaus produktiver Komponist), von denen nur ein Bruchteil heute noch bekannt sind: Neben der Suite Der Karneval der Tiere bzw. Le carnaval des animaux (und der Oper Samson et Dalila) hat vor allem seine Sinfonie No. 3 in c-Moll op. 78, der sogenannten „Orgelsinfonie“ von 1886 den Zahn der Zeit unbeschadet überstanden.

Orchestre National de l'ORTF, Jean Martinon: C. Saint-Saëns- Complete SymphoniesAlle fünf Sinfonien Saint-Saëns, darunter auch die frühe Sinfonie in A-Dur, die er 1850 als Opus 1 als 15-jährige schrieb, nahm der französische Dirigent Jean Martinon, ein ausgewiesener und unbestechlicher Fachmann für französische Musik des 19. und 20. Jahrhunderts, mit dem Orchestre National de l‘ORTF zwischen 1972 und 1975 für das Traditionslabel EMI Classics auf. Auch 40 Jahre nach deren Entstehen gelten die Aufnahmen gelten sie als Referenzaufnahmen; vor allem die quasi konkurrenzlosen Einspielungen der vier unbekannteren Sinfonien.

Saint-Saëns erweist sich, zumindest in seinen Frühwerken, der jugendlichen Sinfonie in A-Dur, der Sinfonie No. 1 in Es-Dur, op. 2 (von 1853) und der Sinfonie in F-Dur „Urbs Roma“ (von 1856) als charmanter ‚Übersetzer‘ der Musik Beethovens, Mozarts, Mendelssohns und Schumanns für das romantische Frankreich. Doch bereits in der Sinfonie No. 2 in a-Moll, op. 55 kündigt sich der kraftvollere, weniger weitschweifende reifere Stil Saint-Saëns an. Und so sind die fünf Sinfonien Saint-Saëns auch eine Zeitleiste durch die sich verändernde Symphonik der Romantik von ihren Anfängen bis zu ihren späten Höhepunkte im Stile Johannes Brahms oder eben Saint-Saëns,

Martinon kraftvoller, nicht zusätzlich romantisierender Stil lässt die Sinfonien in strahlenden Orchesterfarben aufleuchten, ohne dass sie in allzu aufdringlichen, sentimentalen Wohlklang aufgehen, den Komponisten wie Debussy so sehr an Saint-Saëns Stil verabscheuten.

Das Booklet, für viele CD-Sammler oft eher enttäuschend bei Brilliant-Classics-Produktionen, ist zwar wie immer schlicht gestaltet, enthält hier aber interessante Aufsätze über Camille Saint-Saëns und seine Sinfonien, erfreulicherweise nicht nur auf Englisch und Französisch, sondern auch auf Deutsch, außerdem alle wichtigen diskografischen Angaben zu den  Aufnahmedaten und -orten.

Fazit: Eine rundum gelungene Doppel-CD mit hochwertigen EMI-Lizenzaufnahmen, die auch heute noch künstlerisch und klanglich bestehen können. Camille Saint-Saëns Sinfonien sind aufschlußreiche Beiträge zur französischen Romantik, die in keiner ambitionierten Sammlung fehlen sollten. Schon alleine die aufwühlende Aufnahme bekannten Orgelsinfonie ist den geringen Anschaffungspreis wert, die teilweise bezaubernden Sinfonien (allen voran die hinreißende Sinfonie in F-Dur ‚Urbs Roma“) verdienen es, öfter gehört zu werden.

Musik & Interpretation
Klangqualität
Cover & Booklet

Die Doppel-CD Camille Saint-Saëns – Complete Symphonies mit Aufnahmen des Orchestre National de l’ORTF unter der Leitung von Jean Martinon und Bernard Gavoty* an der Orgel ist am 30. März 2012 bei Brilliant Classics (94360) erschienen und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.

Inhalt:

  1. Sinfonie in A-Dur (1850) — [Aufnahme: September 1974]
  2. Sinfonie No. 1 in Es-Dur, op. 2 (1853) — [Aufnahme: September 1972]
  3. Sinfonie No. 2 in a-Moll, op. 55 (1859) — [Aufnahme: September 1972]
  4. Sinfonie in F-Dur „Urbs Roma“ (1856) — [Aufnahme: September 1974]
  5. Sinfonie No. 3 in c-Moll, op. 78 „Orgelsinfonie“ (1886)* — [Aufnahme: Januar 1975]

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