Seitdem die Freimaurerei im 18. und 19. Jahrhundert immer mehr Verbreitung im aufgeklärten Europa fand, hat sie auf Künstler und insbesondere auf Musiker eine besondere Faszination ausgeübt. Der bekannteste Komponist, der den Freimaurern nahe stand, war gewiss Wolfgang Amadeus Mozart, der gleich mehrere Werke freimaurerischen Themen widmete (beispielsweise Die Zauberflöte, KV 620; die Maurerische Trauermusik, KV 477 und Eine kleine Freimaurer Kantate, KV 623) doch bereits davor und bis in die Gegenwart waren und sind die unterschiedlichsten Komponisten von den fünf Idealen der Freimaurer Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität fasziniert.

Der Flötist und Dirigent Francesco Chrivi hat auf dem Album Misterio — Music for an Uncertain Age eine interessante Auswahl an Werken von Komponisten die mit der Freimaurerei verbunden waren oder sind zusammengefasst. Dabei hat er erfreulicherweise auf die hinlänglich bekannten (und vielfach veröffentlichten) Mozart-Referenzen an die Freimaurerei verzichtet. Stattdessen findet man auf der CD Werke von Muzio Clementi  (1752-1832), Gaspare Spontini (1774-1851), Hector Berlioz (1803-1869), Giacomo Puccini (1858-1924) und Jean Sibelius (1865-1957), außerdem Werke der beiden zeitgenössischen italienischen Komponisten Marco Ciannella (*1969) und Antonella Barbarossa (*1958).

So unterschiedlich die Werke auch im Einzelnen sein mögen, sie verbindet alle derselbe Geist, eine Art humanistisches Versprechen an die Schönheit. Dabei ist es ganz gleich, aus welcher Epoche die Werke stammen: Puccinis bezaubernde Crisantemi (ursprünglich für Streichquartett, hier in einer Fassung für Streichorchester), Sibelius‘ hymnisches Andante festivo, das bezaubernde Trio für zwei Flöten und Harfe aus L’enfance du Christ von Berlioz, aber auch die zeitgenössischen Werke wie beispielsweise Antonella Barbarossas im Wohlklang schwelgendes La musica del tramonto (zu Deutsch Die Musik des Sonnenuntergangs) sind alle auf ihre Art erhabene, erbauliche Musik ganz im Sinne der Freimaurerei, das menschlich Gute in der Welt zu fördern.

Auch wenn die CD mit einigen musikalischen Raritäten aufwartet, namentlich dem Notturno concertante vom Opern-Komponisten Spontini und der selten gespielten Sinfonie No. 1 von Beethoven-Vorbild Clementi, steht bei dieser CD nicht der interpretatorische, sondern der konzeptuelle Gedanke im Vordergrund. Ganz gleich wie man zur Freimaurerei stehen mag, diese CD belegt, dass sie Komponisten aus den unterschiedlichsten Epochen zu faszinierenden kleinen Meisterwerken inspirierte.

Die CD Misterio — Music for an Uncertain Age mit Werken von Muzio Clementi, Gaspare Spontini, Hector Berlioz, Giacomo Puccini. Marco Ciannella, Antonella Barbarossa und Jean Sibelius der Accademia Barocca Dorica und dem International Ensemble de Córdoba unter der Leitung von Francesco Chirivi ist am 27. April 2012 auf Brilliant Classics (9267) erschienen und kann im Fachhandel erworben oder bei großen Buch- und CD-Versendern wie → amazon.de und → jpc.de (Links öffnen die jeweilige Produktseite) bestellt werden.

Inhalt:

1. G. Spontini: Notturno concertante (Adaption: F. Chirivi)
2. H. Berlioz: L’enfance du Christ, op. 25
3. M. Ciannella: Suite für Flöte und Klavier
4. M. Clementi: Sinfonie No. 1 in B-Dur, op. 18/1
5. A. Barbarossa: La musica del tramonto
6. G. Puccini: Crisantemi (Fassung für Streichorchester)
7. M. Ciannella: Misterio
8. J. Sibelius: Andante festivo (Fassung für Streichorchester)